Redaktionelles Arbeiten in Zeiten von Corona - JungFM Hörsturz zeigt wie's geht

 

Die aktuelle Lage ist für viele Schul-, Studenten- oder Jugendradiogruppen herausfordernd. Wie stellt man die Redaktionen - gerade auch organisatorisch - so auf, dass Sendungen trotzdem regelmäßig zustande kommen oder das P-Seminar abgeschlossen werden kann?

Hier lohnt nach Meinung des "Mach-dein-Radio"-Teams ein Blick nach Coburg, zur Jugendradioredaktion von JungFM Hörsturz.

Akim Schödel, der medienpädagogische Leiter von JungFM Hörsturz beschreibt, wie aktuell in seiner Redaktion gearbeitet wird.

Sendungsproduktion nach dem "Jobs-Prinzip"

Autor Akim Schödel

Den richtigen Ansatz finden

Natürlich gibt es nicht den einen Königsweg mit der aktuellen Situation umzugehen. Viele Faktoren spielen mit hinein, wie die Größe einer Redaktion, der bisherige Grad an Organisation oder das Verhältnis zwischen regelmäßig aktiven und nur manchmal aktiven Mitgliedern. Auch spielt hinein, in welcher persönlichen Situation sich die Jugendlichen befinden und wie motiviert sie sind.

Das "Jobs-Prinzip" von JungFM

Die Ausgangslage in unserer Coburger Beispielredaktion war bereits ganz gut. Rund vier Jugendliche bilden hier den festen und regelmäßig teilnehmenden Kern. Ein solcher fester Redaktionskern ist auch die Grundlage für das sogenannte "Jobs-Prinzip", das versucht Redaktions-Organisations-Mechanismen zu bündeln. Die Grundidee des Prinzips besteht darin, bezugnehmend auf die Gruppengröße, feste Aufgaben bzw. Rollen also "Jobs" zu verteilen, die die Jugendlichen dann bearbeiten oder ausfüllen. Es kann, je nach Ausgestaltung, durchaus vorkommen, dass ein Mitglied für eine Sendung mehrere Jobs hat.

Welche Jobs gibt es denn in Coburg? Ein Auszug aus dem internen Plan für vier Redaktionsmitglieder und eine Magazinsendung:

Autor/in

Die Autor/innen machen die Beiträge für die Sendung. Der jeweilige Text wird dann der Redaktionsleitung zum Checken geschickt, woraufhin der Beitrag, nachdem man über das Feedback gesprochen hat, aufgenommen werden kann.

Moderation:

Diese Personen moderieren die Sendung gemeinsam. Die Moderation wird zusammen mit der Redaktionsleitung via WhatsApp-Video-Call oder via Konferenz bei Zoom besprochen. Geschrieben wird sie von allem Beteiligten in einem interaktiven Google-Drive-Dokument.

Planungsredakteur/in:

Diese Person plant den O-Ton Beitrag. Hierzu zählt nach der (gemeinsamen) Themen-findung das Kontaktieren der Person, die den O-Ton liefert, das Schicken der Fragen sowie das Einholen der Audios. Auch der textliche bzw. redaktionelle Rahmen wird von der Person betreut. Alternativ kann ein Interview bspw. via Zoom durchgeführt werden.

 

Onlineredakteur/in:

Diese Person erstellt in Abstimmung mit den anderen bei der Redaktionssitzung einen Beitrag für unsere Social-Media-Kanäle, um auf die Sendung aufmerksam zu machen. Das können Fotos aus dem Homeoffice sein oder Videos, in denen die Themen kurz vorgestellt werden.

Beispiel für einen Produktionsplan und eine Sendungswoche:

Woche 1:

Mitglied 1: Autor + Planer
Mitglied 2: Autor + Moderation
Mitglied 3: Autor + Moderation
Mitglied 4: Autor + Online

Woche 2:

Mitglied 4: Autor + Planer
Mitglied 1: Autor + Moderation
Mitglied 2: Autor + Moderation
Mitglied 3: Autor + Online

Bei einer digitalen Redaktionssitzung legen wir zunächst einen Autoren-Beitrag für jede Person fest. Zusätzlich klären wir, welchen Interviewgast Mitglied 1 bereits für die nächste Woche anfragen könnte. Mit den beiden Moderatoren wird der Termin zum Schreiben gemacht. Damit die Sendung besser planbar wird und alle Angaben richtig sind, ist wichtig, dass die Beiträge vor dem Schreiben der Moderation bereits fertig sind.

Als letztes besprechen wir, welche Themen diese Woche für’s Netz auf welche Weise gut umzusetzen sind. Darum kümmert sich dann der/ die Onlineredakteur/in.

In der nächsten Woche wird dann einfach weitergerutscht und nach vier Wochen könnte man die Reihenfolge ändern, sodass jeder Mal mit jedem moderiert.


Ein Zeitplan könnte sein: Redaktionssitzung am Montagnachmittag, Texte bis Mittwochnachmittag, Feedback bis Mittwochabend, Audios bis Donnerstagnachmittag, Moderationsplanung am Donnerstagnachmittag, Sendung fertig bis Freitagmittag.

 

Redaktion JungFM Hörsturz

Wie starr ist das Jobs-Prinzip?

Die Jobs aus der Beispielredaktion sind in der Tat nur Anhaltspunkte. Je nachdem, ob es sich etwa um ein P-Seminar oder eine Jugendradioredaktion handelt, kann oder sollte man noch variieren. Hier spielt dann auch die eigentliche Redaktionsgröße eine maßgebliche Rolle. Für P-Seminare kann es etwa ratsam sein, den Job des CvD, des Chefs vom Dienst, noch stärker auszuarbeiten (wie kann er/sie trotzdem Beiträge mit abnehmen, etc.). Auch könnte man darüber nachdenken, die Musikredaktion in einem separaten Job zu verpacken. Hier gibt es allerhand Spielraum.

Jobs - Top oder Flop?

Jugendliche in der aktuellen Situation für Radioarbeit zu motivieren ist gar nicht so einfach, hier kann das Jobs-Prinzip ansetzen. Die digitale Redaktionssitzung etwa, schafft trotz persönlicher Abwesenheit ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Durch die klarere Aufgabenverteilung können die Redaktionsmitglieder besser am Ball bleiben. Weil sich jeder oder jede auch mit anderen oder neuen Aufgaben auseinandersetzen muss, je nachdem welchen Job man gerade hat, kann in diesen Zeiten trotzdem auch auf die persönliche fachliche Entwicklung eines Mitglieds eingegangen werden.

Ein weiterer Punkt ist die Zeit. Während die Freizeitbeschäftigung Radio, je nachdem ob Schul- oder Jugendradio etwa, bis März meist einen Nachmittag in der Woche eingenommen hat, sind die Zeitfenster nun verteilter. Mal hier 30 Minuten an einem Beitrag schreiben, dort eine Stunde digitale Moderationsplanung und einen Tag später kurz die Audios aufnehmen, etc. Auch da schafft das Konzept bessere Planbarkeit, nicht nur für die Jugendlichen selbst.

Technische Lösungen und nützliche Hilfsmittel für die Arbeit daheim

Viele Redaktionen sehen sich momentan auch vor folgendes Problem gestellt: die Technik ist im nicht zugänglichen Studio und Aufnahmegeräte und Schnittsoftware haben die Mitglieder nicht immer zuhause parat.

(Fast) jeder Jugendliche hat allerdings ein SMARTPHONE. So wurden auch bei JungFM Hörsturz die Handys zu kleinen Heimstudios und die meisten Beiträge werden über die Aufnahme- oder Sprachmemo-App aufgezeichnet. Je nach Aktualität des Handymodells variiert hier zwar die Audioqualität, es ist allerdings eine mögliche und günstige Alternative, den Produktionsbetrieb aufrecht zu erhalten.

GOOGLE DRIVE bietet die Chance, dieselben (Text-)Dokumente von verschiedenen Personen auf unterschiedlichen Geräten bearbeiten zu können. Das muss nicht nur eine Moderation betreffen, sondern kann auch Musiklisten oder Beitragsexposés umfassen.Indem man den Link dazu verschickt, kann man den Empfängern den Zugang und damit eine Bearbeitung von zuhause aus ermöglichen. Dies alles geschieht in Echtzeit, sodass Person A sieht, was Person B daheim gerade ins Dokument einträgt.

 

 

Sofern es nicht sowieso schon genutzt wird oder zumindest bekannt ist, bietet das Schnittprogramm AUDACITY eine gute Möglichkeit für Jugendliche O-Töne von Zuhause aus zu bearbeiten. Hauptgrund ist die Tatsache, dass es kostenlos ist und auf www.audacity.de auch mit Tipps und Tricks zum Download bereit steht.

Um zumindest virtuellen persönlichen Kontakt zu halten, bietet sich neben der Video-Call-Option bei WhatsApp auch Skype oder das Videokonferenzangebot ZOOM an (hier sind Teilnehmer bspw. nicht nur auf acht limitiert, wie bei der aktuellsten Version von WhatsApp). Letzteres wurde von der Hörsturz-Schwesterredaktion JungFM Modern Tunes in Bamberg auch schon für digitale Interviews verwendet. Einerseits kommt man der Nähe und Direktheit eines Interviews bei persönlicher Anwesenheit näher, was Nachfragen einfacher und intuitiver macht. Andererseits bietet Zoom die Option die Tonspur eines Videotelefonats gleich aufzuzeichnen und danach auszugeben, hierbei kommt es allerdings auch etwa auf die Qualität der Mikrofone der Laptops der Nutzenden an.

O-Töne einholen - Letztes Jahr ging's noch direkt. Aber JungFM hat auch hier Tipps für die Corona-Zeit.

Was ist JungFM?

JungFM ist das Jugendradionetzwerk des Bezirksjugendrings Oberfranken. Gemeinsam mit den Kreis- und Stadtjugendringen betreibt er insgesamt fünf Radioredaktionen in Bamberg, Bayreuth, Kulmbach, Coburg und Hof. In jeder dieser Redaktionen produzieren Jugendliche zwischen 13 und 25 Jahren in ihrer Freizeit monatlich ein bis zwei Ausgaben einer 60-minütigen Magazinsendung. Ausgestrahlt werden diese dann immer sonntags von 18:00-20:00 Uhr auf Radio Galaxy Oberfranken.

Nachfragen, Anmerkungen, Kritik oder Tipps? JungFM Hörsturz freut sich auf Post! jungfm.teamer@gmail.com (Ansprechpartner: Akim Schödel)

Bilder von JungFM Hörsturz.

 

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